RAID-Systeme bieten eine vielversprechende Lösung zur Steigerung der Datensicherheit und Systemleistung, doch die Technologie birgt auch ihre Tücken. Für Nutzer ist aber auch entscheidend, die Feinheiten und potenziellen Fallstricke von RAID zu kennen. In diesem Artikel erklären wir, was RAID-Systeme sind, wie sie funktionieren und worauf Sie achten müssen, um von ihren Vorteilen zu profitieren, ohne unangenehme Überraschungen zu erleben.
Früher waren RAID-Systeme eher etwas für IT-Profis oder Betreiber großer Rechenzentren. Doch durch sinkende Preise für NAS-Geräte, Festplatten und SSDs entdecken inzwischen auch kleinere Unternehmen, Technik-Fans und sogar Privatnutzer die Vorteile dieser Speichertechnik. Aber was steckt eigentlich dahinter? RAID steht für „Redundant Array of Independent Disks“ – auf Deutsch: ein Verbund aus mehreren Festplatten, die gemeinsam wie ein einziges Laufwerk arbeiten.
Ziel von RAID ist es, die Leistung zu verbessern, Daten sicherer zu machen – oder beides gleichzeitig. Indem die Daten auf mehrere Festplatten verteilt werden, lassen sich oft schnellere Zugriffszeiten und mehr Schutz vor Datenverlust erreichen, zum Beispiel bei einem Festplattenausfall. Entscheidend ist aber, wie die Festplatten miteinander arbeiten. Wer hier nicht genau hinschaut, kann schnell das Gegenteil von dem erreichen, was eigentlich geplant war – und aus „redundant“ wird ganz schnell „riskant“.

Bevor wir uns die gängigsten RAID-Arten genauer anschauen, eines vorweg: Egal wie gut ein RAID-System geplant ist – eine zuverlässige Datensicherung gehört trotzdem immer dazu. Sie ersetzt kein Backup, sondern ergänzt es.
RAID-Level im Überblick: Unterschiede, Vorteile & Einsatzbereiche
Seit der Einführung von redundanten Festplatten-Arrays haben sich schrittweise zahlreiche Varianten herausgebildet. Einige davon sind Dauerbrenner, andere wurden von neuen Entwicklungen überholt. Zu den standardisierten Optionen gesellen sich noch weitere, herstellerbezogene Konfigurationsmöglichkeiten, die auch als proprietäre RAID-Verbunde bezeichnet werden. Die geläufigsten RAID-Level stellen wir hier näher vor.
RAID 0: Striping ohne Parität

Verteilt Daten gleichmäßig über alle Festplatten im Array, ohne Redundanz. Dieser Vorgang wird als “Striping” bezeichnet.
Vorteile:
Hohe Leistung: Da die Daten auf mehrere Festplatten verteilt werden, können Lese- und Schreibvorgänge parallel ablaufen, was die Geschwindigkeit erheblich steigert.
Keine Overhead-Kosten: Da keine Redundanzinformationen gespeichert werden, steht der gesamte Speicherplatz für Nutzdaten zur Verfügung.
Nachteile:
Keine Datenredundanz: Bei einem Ausfall einer Festplatte gehen alle auf dem RAID 0 gespeicherten Daten verloren.
Einsatzbereiche:
Geeignet für nicht-kritische Anwendungen, bei denen hohe Leistung wichtiger ist als Datensicherheit, wie z.B. bei der Videobearbeitung oder in Spielsystemen.
RAID 1: Spiegelung von Festplatten

Speichert die gleichen Daten auf zwei oder mehr Festplatten, was eine hohe Datensicherheit bietet, aber den verfügbaren Speicherplatz halbiert.
Vorteile:
Hohe Datensicherheit durch Spiegelung: Jede Festplatte enthält eine exakte Kopie der Daten, was die Wiederherstellung im Falle eines Ausfalls einer Festplatte ermöglicht.
Sofortiges Failover bei Festplattenausfall: Da die Daten auf einer zweiten Festplatte vorhanden sind, kann der Betrieb ohne Unterbrechung weitergeführt werden.
Nachteile:
Verdoppelte Speicherplatzanforderung: Da die Daten vollständig dupliziert werden, wird der effektive Speicherplatz halbiert.
Einsatzbereiche:
Schutz des Betriebssystems und wichtiger Daten, besonders in Umgebungen, in denen Datensicherheit und Verfügbarkeit von höchster Bedeutung sind, wie z.B. bei Servern und Datenbanken.
RAID 5: Striping mit Parität

Verteilt Daten und Paritätsinformationen auf alle Festplatten (mindestens 3). RAID 5 ist der wirtschaftlich preiswerteste und am häufigsten eingesetzte Verbund.
Vorteile:
Gute Balance zwischen Leistung und Datensicherheit: Daten und Paritätsinformationen werden auf alle Festplatten verteilt, was sowohl die Lese- und Schreibgeschwindigkeit als auch die Datensicherheit verbessert.
Effizienter Speicherplatzgebrauch: Nur eine Festplatte wird für Paritätsinformationen verwendet, wodurch mehr Speicherplatz für Nutzdaten zur Verfügung steht.
Nachteile:
Leistungsabfall bei Schreibvorgängen: Das Berechnen und Schreiben der Paritätsinformationen kann zu einer Verzögerung führen.
Anfälligkeit während der Wiederherstellung: Bei Ausfall einer Festplatte während des Wiederherstellungsprozesses kann es zu Datenverlust kommen.
Einsatzbereiche:
Geeignet für Umgebungen mit überwiegend Lesezugriffen und mittleren bis hohen Anforderungen an die Datensicherheit, wie z.B. Fileserver und Webserver.
RAID 6: Striping mit doppelter Parität

Ähnlich wie RAID 5, aber mit zusätzlicher Paritätsinformation, die den Ausfall von zwei Festplatten toleriert.
Vorteile:
Hohe Datensicherheit: Kann den Ausfall von zwei Festplatten gleichzeitig tolerieren, was die Zuverlässigkeit im Vergleich zu RAID 5 erhöht.
Gute Leseleistung: Ähnlich wie bei RAID 5, da Daten auf alle Festplatten verteilt sind.
Nachteile:
Höhere Overhead-Kosten: Zwei Festplatten werden für Paritätsinformationen benötigt, was den verfügbaren Speicherplatz reduziert.
Komplexere und langsamere Schreibvorgänge: Aufgrund der Berechnung und Speicherung doppelter Paritätsinformationen.
Einsatzbereiche:
Geeignet für Umgebungen, in denen hohe Datensicherheit und Verfügbarkeit entscheidend sind, wie z.B. bei Datenbanken und unternehmenskritischen Anwendungen.
RAID 10 (oder auch 1+0): Kombination aus Spiegelung und Striping

Eine Kombination aus RAID 1 und RAID 0, die sowohl hohe Leistung als auch hohe Datensicherheit bietet.
Vorteile:
Hohe Leistung und Datensicherheit: Durch die Kombination von Striping und Spiegelung werden sowohl die Datenübertragungsgeschwindigkeit erhöht als auch die Datensicherheit maximiert.
Nachteile:
Die Kombination aus Spiegelung und Striping erfordert eine größere Anzahl von Festplatten (mindestens 4), was die Kosten erhöht.
Einsatzbereiche:
Anwendungen mit hohen Anforderungen an Leistung und Sicherheit, wie z.B. bei transaktionsintensiven Datenbanken und unternehmenskritischen Anwendungen.
RAID-Systeme: Vorteile, Nachteile und wann sie sinnvoll sind
Warum RAID-Systeme nutzen? Die wichtigsten Vorteile im Überblick
- Erhöhung der Ausfallsicherheit (Redundanz)
RAID-Systeme können durch verschiedene Mechanismen wie Spiegelung (RAID 1) oder Parität (RAID 5, RAID 6) Schutz vor Datenverlust bei Festplattenausfällen bieten. Das erhöht die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der gespeicherten Daten. - Steigerung der Datenübertragungsrate (Leistung)
Durch das Verteilen von Daten über mehrere Festplatten (Striping) können RAID-Systeme die Lese- und Schreibgeschwindigkeit erheblich verbessern. Dies ist besonders bei RAID 0 und RAID 10 der Fall. - Aufbau großer logischer Laufwerke
RAID-Systeme ermöglichen es, mehrere physische Festplatten zu einem einzigen großen logischen Laufwerk zusammenzufassen. Das erleichtert das Management und die Nutzung großer Datenmengen. - Austausch von Speichermedien während des Betriebs (Hot-Swapping)
Viele RAID-Systeme unterstützen den Austausch defekter Festplatten im laufenden Betrieb, ohne dass das System heruntergefahren werden muss. So werden Ausfallzeiten minimiert und die Verfügbarkeit erhöht. - Vergrößerung des Speichers während des Betriebs
Einige RAID-Level ermöglichen die Erweiterung des Speicherplatzes durch das Hinzufügen weiterer Festplatten, ohne dass bestehende Daten beeinträchtigt werden. - Kostenreduktion durch den Einsatz kleinerer, preiswerter Medien
Durch die Kombination mehrerer kostengünstiger Festplatten zu einem leistungsfähigen und sicheren Speicherarray können RAID-Systeme eine kosteneffiziente Lösung im Vergleich zu Einzelplatten bieten.
Welche Nachteile haben RAID-Systeme? Risiken & Schwächen im Überblick
- Komplexität und höhere Kosten bei bestimmten RAID-Level
Die Einrichtung und Verwaltung von RAID-Systemen kann komplex sein, insbesondere bei höheren RAID-Leveln wie RAID 5 und RAID 6. Zudem können die Anschaffungskosten für zusätzliche Festplatten und RAID-Controller erheblich sein. - Mögliche Leistungsengpässe bei bestimmten Konfigurationen
Bei RAID 5 und RAID 6 können die Berechnung und Speicherung von Paritätsinformationen zu Leistungseinbußen führen, insbesondere bei Schreibvorgängen. - Abhängigkeit von RAID-Controllern und möglichen Single Points of Failure
Hardware-RAID-Controller können selbst zu einem Single Point of Failure werden. Ein Ausfall des Controllers kann zum Verlust des gesamten RAID-Arrays führen, wenn kein adäquater Ersatz zur Verfügung steht. - Komplexität der Wiederherstellung im Fehlerfall
Die Wiederherstellung von Daten und der Wiederaufbau eines RAID-Arrays nach einem Festplattenausfall kann zeitaufwendig und kompliziert sein, insbesondere bei großen Arrays und hohen RAID-Leveln. - Hoher Overhead bei Speicherplatz
Bestimmte RAID-Level, insbesondere RAID 1 und RAID 10, erfordern eine Verdopplung des Speicherplatzes, da Daten vollständig dupliziert werden. Die effektive Speicherkapazität wird dadurch signifikant reduziert.

RAID-Mythen im Faktencheck: Die 3 größten Irrtümer
1. RAID macht Backups überflüssig
Ein weit verbreiteter und nicht selten folgenschwerer Irrtum ist, dass RAID-Systeme einen Ersatz für regelmäßige Backups darstellen. Zum einen müssen sich Anwender darüber im Klaren sein, dass ein RAID-System nur dann überhaupt einen positiven Effekt auf die Datensicherheit hat, wenn ein zu diesem Ziel passender Verbund ausgewählt wird.
Auch dann kann ein RAID aber nur durch Redundanz vor Hardware-Ausfällen schützen. Gegenüber anderen Risiken wie versehentlichem Löschen, Malware oder Datenkorruption ist es vollkommen wirkungslos.
Auf RAID spezialisierte Experten für Datenrettung kennen die Folgen dieser Irrtümer aus ihrer täglichen Arbeit: verlorene Daten von hoher Wichtigkeit, für die kein Backup existiert. Die gute Nachricht ist: Eine Rekonstruktion ist bei allen RAID-Typen grundsätzlich möglich. Und obwohl die Wiederherstellung von RAID-Daten ein hochkomplexer Vorgang ist, sind die Erfolgschancen bei qualifizierten Datenrettern mit erfahrenen Technikern sehr gut.
Damit es aber gar nicht so weit kommt, sollte überall, wo RAID zum Einsatz kommen, klar sein: Backups sind ein separater und nicht ersetzbarer Bestandteil jedes umfassenden Datensicherungs- und Wiederherstellungskonzepts.
2. RAID verbessert immer die Systemleistung
Es wird oft davon ausgegangen, dass RAID-Systeme automatisch zu einer Leistungssteigerung führen. Genau wie bei der Datensicherheit ist der tatsächliche Effekt aber stark vom verwendeten RAID-Level und den spezifischen Workloads abhängig.
Während RAID 0 und RAID 10 die Leistung durch Striping tatsächlich verbessern, können RAID 5 und RAID 6 aufgrund der Paritätsberechnungen bei Schreibvorgängen sogar zu Leistungseinbußen führen.
3. Ohne RAID-Controller geht es nicht
Viele glauben, dass RAID-Controller immer erforderlich sind, um RAID-Systeme zu betreiben. Tatsächlich gibt es aber auch Software-RAID-Lösungen, die direkt vom Betriebssystem verwaltet werden.
Diese können eine kostengünstige Alternative zu Hardware-RAID-Controllern darstellen, bieten jedoch möglicherweise nicht die gleiche Leistung oder Flexibilität. Die Wahl zwischen Hardware- und Software-RAID hängt von den spezifischen Anforderungen und dem Budget ab.
Fazit
RAID-Systeme bieten eine Vielzahl von Vorteilen, darunter erhöhte Ausfallsicherheit, gesteigerte Datenübertragungsraten und die Möglichkeit, große logische Laufwerke zu erstellen. Sie sind jedoch kein Ersatz für Backups und können je nach Konfiguration auch Nachteile wie erhöhte Komplexität und Kosten mit sich bringen. Es ist deshalb unerlässlich, das richtige RAID-Level entsprechend den konkreten Leistungsanforderungen im individuellen Fall auszuwählen. Anderenfalls sind teure Enttäuschungen und böse Überraschungen vorprogrammiert.
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